Medienerziehung

  • Interview

Gemeinsam miteinander: Medienarbeit integrativ und transkulturell gestalten

Viele Hände, die in die Mitte aufeinander gehalten werden.

Wie lässt sich Medienarbeit so gestalten, dass alle Menschen teilhaben können? Auf was kann ich als pädagogische Fachkraft bei der Durchführung transkultureller Projekte achten? Welche Möglichkeiten gibt es, transkulturelle Medienarbeit durchzuführen? Darüber sprachen wir mit Rebecca Wienhold, E-Learning-Entwicklerin und Medienpädagogin und Koordinatorin des „Lokalen Netzwerkes für ein Gutes Aufwachsen mit Medien“ Mediennetz Lichtenrade in Berlin.

Transkulturelle Medienarbeit im Mediennetz Lichtenrade

Das noch junge Lokale Netzwerk „Mediennetz Lichtenrade“, welches im Jahr 2021 mit seiner Arbeit angefangen hat, ist auch im Bereich der transkulturellen Medienarbeit aktiv. „Spielerisch in einen Austausch zu Themen rund um Medienerziehung kommen, das war unser Ziel mit dem mehrsprachigen deutsch-arabischen Bilderbuchkino, das wir durchgeführt haben. Hierfür haben wir das interaktive Buch „Lotta und Klicks“ genutzt, welches auf Deutsch und Arabisch vorgelesen wurde“, schildert Rebecca Wienhold. Das Buch erzählt die Geschichte von den Kitakindern Lotta und ihrem kleinen Bruder Lukas, die ein spannendes Abenteuer um ihren verlorenen Hund Klicks erleben. „Durch das Bilderbuchkino konnten wir sowohl Kinder erreichen und mit ihnen über ihre Medienerlebnisse sprechen, als auch Eltern unser Netzwerk vorstellen und unsere Unterstützung zu Themen der Medienerziehung anbieten.“

Ab welchem Alter eignet sich ein Smartphone für Kinder? Welche Regeln zur Mediennutzung können wir in der Familie aufstellen? Welche Angebote für Kinder gibt es im Internet? Rund um diese Fragen, die bei vielen Familien im Alltag auftauchen, ging es beim Elterncafé in einer Berliner Grundschule. Das Format war offen für alle interessierten Eltern, es war zweisprachig – Deutsch-Arabisch – angelegt. „Wir haben uns bewusst für ein lockeres Format entschieden, bei dem der Austausch von Erfahrungen im Zentrum stand“, sagt Rebecca Wienhold.

Voraussetzungen für ein gelebtes transkulturelles Miteinander in der Medienarbeit

Rebecca Wienhold sieht in dem Bewusstsein für die eigene Positionierung einen wichtigen Grundstein für die Durchführung transkultureller Medienprojekte: „Ich sollte mir über meine eigene Haltung bewusst sein. Dazu zählt auch, die eigenen Vorurteile zu reflektieren. Wichtig ist zudem ein intersektionales Verständnis, mit dem ich versuche, die Projektarbeit zu gestalten. Das bedeutet, anzuerkennen, dass es verschiedene Lebensentwürfe gibt, jeder Mensch eine eigene Geschichte und individuelle Erfahrungen mitbringt, die es zu berücksichtigen gilt. Zugleich sollten wir offen und wertschätzend aufeinander zugehen, ohne gleich zu bewerten und in ein Schubladen-Denken zu verfallen.“

In der Medienarbeit mit jungen Menschen ist es außerdem wichtig, neugierig für das zu sein, was sie beschäftigt, sich darauf einzulassen und sie in ihrer Lebenswelt abzuholen. „Entscheidend ist nicht, dass in einem Projekt am Ende ein Produkt, zum Beispiel ein Video, entsteht. Vielmehr ist es der Prozess, den ich als pädagogische Fachkraft so gestalten kann, dass ich einen geschützten Rahmen schaffe, in dem junge Menschen die Möglichkeit haben, sich auszudrücken, beispielsweise durch die Erstellung von Memes (= Bilder mit Textbotschaften) und eigene positive Identitätserfahrungen machen können.“

Möglichkeiten in der praktischen transkulturellen Medienarbeit

Je nach Zielgruppe bieten sich unterschiedliche Formate und Methoden für die Durchführung transkultureller Medienarbeit an. „Arbeite ich als pädagogische Fachkraft mit einer Gruppe Menschen zum Thema Selbstermächtigung zusammen, die alle eine Zuwanderungsgeschichte mitbringen, bietet es sich zum Beispiel an, mal zu schauen, welche Identifikationspersonen es in den Sozialen Medien gibt, die eine ähnliche Geschichte haben, damit sie erkennen, dass sie dort auch repräsentiert werden“, sagt Rebecca Wienhold. Über die Themen Chancengleichheit und Stereotype im Netz lässt sich auch in einer heterogen zusammengesetzten Zielgruppe gut in den Austausch gehen. „Hier geht es natürlich nicht darum, Stereotype zu produzieren, sondern diese aufzudecken und die Vielfalt der Gesellschaft aufzuzeigen.“

Eine gute Anlaufstelle für Ideen und Anregungen transkultureller Projekte gibt auch die Webseite „Medienpädagogik der Vielfalt“ von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK). Dort finden Interessierte niedrigschwellige Methoden und Materialien sowie Informationen zu Fort- und Weiterbildungen.

Arbeitshilfen und Materialien für die medienpädagogische Arbeit mit Jugendlichen zu den Themen Gender, Gesellschaftskritik, Pluralismus, Werte und Religion sowie Rassismus gibt auch das Modellprojekt RISE zur universellen Extremismusprävention des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.

Mehr Informationen:

  • Wie das Thema Fluchterfahrung in der medienpädagogischen Arbeit aufgegriffen werden kann zeigt unsere Online-Konferenz „Miteinander lernen – Praxisanregungen zum Thema Fluchterfahrung in der Medienarbeit“.
  • Das Projekt RISE hat auch einen Podcast, der sich an pädagogische Fachkräfte richtet und Impulse für den Umgang mit unterschiedliche Wertvorstellungen und Orientierungen bietet.
  • Ein interdisziplinäres Festival für digitale Jugendkultur ist die TINCON, die Medienkompetenz vermittelt und die gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen ermöglicht.