• Interview

Aus alt mach neu: Nachhaltig digitale Teilhabe stärken

Schüler:innen, die in einem Klassenraum an PCs sitzen.

Ob Smartphones, Smart Speaker oder PCs: Technische Geräte entwickeln sich rasant weiter und immer wieder gibt es aktualisierte Versionen und neuste Modelle. Oftmals sind ältere und schon länger gebrauchte Geräte aber noch nutzbar. Darüber hinaus können sie auch anderweitig eingesetzt werden, zum Beispiel indem sie upgecycelt, also wiederverwertet und in neue Produkte umgewandelt werden. Wie alte, aber noch nutzbare Geräte wiederverwendet werden und digitale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen ermöglicht wird, zeigt das Projekt „PC Upcycling“ des Kommunalen Integrationszentrums Dortmunds (MIA-DO-KI), welches Teil des Lokalen Netzwerkes „Dortmunder Netzwerk Medienkompetenz – DoNeM“ ist. Über das Projekt sprachen wir mit Bianca Rammert, die freigestellte Lehrerin ist und im Bereich Bildung des Kommunalen Integrationszentrums Dortmund arbeitet.

Wie das Projekt entstanden ist

Das Projekt „PC Upcycling“ ist zu Beginn der Coronapandemie entstanden. „Als die Schulen geschlossen waren und der Unterricht vielfach digital stattfand bzw. sich Kinder und Jugendliche im Homeschooling befanden, haben wir im Kommunalen Integrationszentrum von Lehrkräften die Rückmeldung bekommen, dass viele Kinder schwer zu erreichen sind, weil sie digital nicht gut ausgestattet sind“, erläutert Bianca Rammert. Schüler:innen konnten Hausaufgaben zum Beispiel nur spät abends bearbeiten, weil sie erst dann das Smartphone der tagsüber arbeitenden Eltern nutzen konnten; ein Laptop oder PC war in Familien nicht vorhanden. So entstand die Idee, alte, aber noch brauchbare PCs mit Linux, einer frei zugänglichen und kostenfreien Open Source Software wieder fit zu machen.

Nachhaltige und chancengerechte digitale Teilhabe ermöglichen

Explizites Ziel des Projektes ist es, Kinder und Jugendliche mit digitalen Geräten – in diesem Fall PCs – so auszustatten, dass sie digital teilhaben können. Nebenbei erfahren junge Menschen, dass alte, gebrauchte digitale Geräte, die noch funktionsfähig sind, wiederverwendet bzw. -verwertet werden können. „Ich merke in meiner Arbeit, dass der Gedanke nachhaltigen Handelns immer noch nicht so weit in der Gesellschaft verankert ist. Daher finde ich es besonders wichtig, möglichst früh in der Bildungskette damit anzufangen, sich damit auseinanderzusetzen, was Nachhaltigkeit für uns als Personen und unsere Umwelt bedeutet“, sagt Bianca Rammert.

„Beim Upcycling der PCs, die aus der Wirtschaft, von Institutionen, Kommunen und Privatleuten gespendet wurden, haben wir uns bewusst für das Softwareprogramm Linux entschieden, weil der Quelltext öffentlich ist und somit vielfältige Bearbeitungsmöglichkeiten bietet. Zudem wollten wir Schüler:innen näher bringen, dass es neben den gängigen, kostenpflichtigen Programmen wie zum Beispiel von Apple oder Microsoft, auch gute kostenfreie und frei zugängliche Alternativen gibt.“

Das Wissen zum Softwareprogramm Linux wurde den Schüler:innen – soweit dies unter den Bedingungen der Coronapandemie möglich war – in Workshops vermittelt. Die Workshops wurden in Grundschulen, Realschulen, Hauptschulen, Gymnasien und Berufskollegs durchgeführt – überall dort, wo es Bedarf gab und dieser durch das Projekt gedeckt werden konnte. Neben dem Wissen zum Softwareprogramm konnten zugleich ganz grundlegende Kompetenzen im Umgang mit digitalen Geräten in den Workshops vermittelt werden. „Hier haben wir gemerkt, dass bestimmte Fähigkeiten wie zum Beispiel das Wischen über einen Touchscreen vom Smartphone vorhanden sind, aber dafür das Wissen fehlte, wie der Doppelklick mit der Maus funktioniert“, sagt Bianca Rammert. In internationalen Klassen gab es zusätzlich zum Teil die Hürde von Sprachbarrieren, anderen Tastaturen sowie Buchstaben. „Hier haben wir versucht, unsere Workshops individuell an die Gegebenheiten anzupassen, indem wir zum Beispiel Sprachprogramme verwendet haben, mit denen wir uns verständigen konnten und die den Lernprozess so unterstützt haben.“ Zurzeit bieten Kooperationspartner:innen des Projektes spezielle Schulungen für junge Menschen aus Willkommensklassen in Berufskollegs an, denen upgecycelte PCs zur Verfügung gestellt werden.

Pädagogische Fachkräfte unterstützen

Im Hinblick auf die Vermittlung digitaler Kompetenzen sieht Bianca Rammert es als entscheidend an, dass pädagogische Fachkräfte selbst ein Verständnis davon haben, wie sie Kinder und Jugendliche so unterstützen können, dass sie reflektiert und souverän digital teilhaben können. „Oft sehen wir, dass die digitale Didaktik fehlt. Es geht dann also mehr darum, welches digitale Tool ich als pädagogische Fachkraft nutzen kann, anstatt um einen zielgerichteten, kontextbasierten Einsatz des Tools. Hier ist es auf Seiten von Institutionen, die Fortbildungen anbieten, wichtig, diesen Aspekt aufzugreifen und mitzudenken.“

Mehr Informationen:

  • Wie Kindern das Thema Nachhaltigkeit spielerisch nähergebracht werden kann, zeigen die Medientipps „Umwelt und Nachhaltigkeit“ aus dem Projekt #medienvielfalt der Stiftung Lesen.
  • Wie sich Jugendliche spielerisch und kreativ mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben, zeigt das Projekt „SDG Arcade“.
  • Im Themenschwerpunkt „Bildung und Nachhaltigkeit“ der Bundeszentrale für politische Bildung geht es darum, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung auch digital funktionieren kann.