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Von Spaß zu zwanghaftem Körperkult: Wie Soziale Medien Selbstoptimierungsdruck verstärken können

Eine Person, die Sportübungen vor einer Handykamera macht.

Nach der Weihnachts- und Adventszeit, in der es viele Leckereien gab, haben sich einige zu Beginn des neuen Jahres vorgenommen, mehr Sport zu machen und einen gesunden Lifestyle zu pflegen. Sportkurse, Home-Workouts oder Fitnessstudio: Die Bandbreite an Angeboten, sich fit zu halten, ist groß. Auch orientieren sich viele – Erwachsene wie junge Menschen – an sogenannten Influencer:innen (Englisch „influence“ = Einfluss) in Sozialen Netzwerken, die für viele Vorbilder sind und auf ihren Kanälen neue Trends verbreiten, Fitnessübungen zeigen und auch über gesundheitsrelevante Themen wie Sport und Ernährung sprechen. Um eigene sportliche Leistungen zu messen, zum Beispiel die Anzahl der Schritte oder die Herzfrequenz, sind bei Sporttreibenden zudem sogenannte Wearables (Englisch = tragbare elektronische Geräte) beliebt.

Warum es spannend ist, sich in Sozialen Medien auszuprobieren

Gerade junge Menschen, die sich in der Entwicklungsphase des eigenen Ichs befinden, probieren sich auch in Sozialen Medien aus, die Teil der Lebenswelt von Heranwachsenden sind. Sie nutzen Soziale Netzwerke, um ihren Alltag zu dokumentieren, Erfahrungen mit Freund:innen zu teilen und persönliche Erfolgserlebnisse kundzutun. In der Erkundung des eigenen Ichs ist es für Kinder und Jugendliche insbesondere wichtig, die eigene Wirkung auf andere auszutesten: Wie reagieren meine Freund:innen und mein Umfeld auf mich? Wie möchte ich sein? Dabei zählt vor allem die Rückmeldung durch Bestätigung und Anerkennung innerhalb der eigenen Peer-Group (Englisch „peer“ = Gleichaltrige).

Wenn aus Spaß der Drang zu Optimierung wird

Der Eifer, die eigenen Vorsätze zufriedenstellend umzusetzen kann auch zu stressigen Situationen bis hin zu Optimierungsdrang führen. Vor allem die Orientierung an Influencer:innen, die sich vielfach makellos, schlank und sportlich in Sozialen Medien zeigen, kann dazu verleiten, genauso wie das Vorbild aussehen zu wollen. Kinder und Jugendliche eifern ihren Idolen nach, verstehen diese Körperbilder als Ideal und versuchen diese zu erreichen. Filter- und Fotobearbeitungsprogramme, insbesondere Facefilter (Filter-Tools für die Verschönerung von Porträtaufnahmen), verstärken den Effekt, möglichst makellos aussehen zu wollen. Der Vergleich mit dem Unerreichbaren kann dazu führen, dass junge Menschen an sich selbst zweifeln und ein negatives Selbstbild von sich entwickeln.

Zudem kann es sein, dass Kinder und Jugendliche sich an geschlechtsstereotypen Darstellungen orientieren und diese unreflektiert übernehmen. Mädchen streben zum Beispiel danach möglichst schlank zu sein, Jungs zeigen Muskeln und breite Schultern.

Die Messung eigener sportlicher Leistungen und dem anschließenden Teilen in Sozialen Netzwerken kann dazu führen, sich ständig mit anderen zu vergleichen. Gleichzeitig kann ein erhöhter Leistungs- und Wettbewerbsdruck entstehen, der sich belastend auf das eigene Wohlbefinden auswirken kann. Darüber hinaus kann ein ständiger Vergleich mit anderen dazu führen, idealisierten Körperbildern nachzueifern und den eigenen Körper nur noch perfektionieren zu wollen.

Darüber hinaus sammeln Wearables viele Daten - darunter auch persönliche Angaben wie Körpergröße, Gewicht, Alter und Standort -, die an die App-Anbieter und oft auch an Dritte, zum Beispiel Dienste Sozialer Netzwerke, übermittelt werden. Die Daten sind vor allem für Werbetreibende interessant, die diese nutzen können, um personalisierte Werbung zu erstellen. Außerdem können über das Aufzeichnen der Daten Bewegungsprofile erstellt werden.

Tipps für Eltern und Erziehende

Als Eltern und Erziehende ist es wichtig, zu verstehen, dass Soziale Medien und smarte Geräte zum Alltag vieler Kinder und Jugendlichen dazugehören. Entscheidend ist es daher, mit Heranwachsenden in einem aktiven Austausch zu sein und gemeinsam über Wünsche, Bedürfnisse und Erfahrungen zu sprechen. In der Entwicklung eines positiven Selbstbildes und eines gesunden Körperbewusstseins können Eltern und Erziehende junge Menschen unterstützen, indem sie Bildbearbeitungs- und Filterprogramme gemeinsam ausprobieren und so Körper- und Schönheitsideale sowie gesellschaftliche Vorstellungen und Stereotype gemeinsam hinterfragen und die kritische Auseinandersetzung dazu anregen.

Mehr Informationen:

  • Das Projekt „ACT ON! aktiv + selbstbestimmt“ des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis setzt sich mit dem aktuellen Onlinehandeln von Kindern und Jugendlichen auseinander. Im Rahmen des Projektes entstehen regelmäßig sogenannte Short-Reports. Im Short-Report Nr. 7 geht es um die Selbstdarstellung, den Erfolgsdruck sowie um Interaktionsrisiken auf der Plattform TikTok.
  • Ein Arbeitsblatt mit Anregungen und Aufgaben zum Thema Selbstdarstellung gibt es auf der Webseite von Medienpädagogik der Vielfaltder Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK).
  • Einen Überblick über das Thema Selbstdarstellung und Körperkult gibt es auf der Seite von „SCHAU HIIN! Was dein Kind Medien macht.“.