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Stress und Sorgen im Alltag? - Wo sich Eltern, Erziehende und Heranwachsende Hilfe suchen können

Ein Kind, das in die Ferne schaut.

Streit mit der besten Freund*in? Mobbing im Klassenchat? Sorgen, weil das eigene Kind nur noch am Computer sitzt? Immer wieder gibt es Situationen, in denen man Sorgen oder Kummer hat und ein*e Gesprächspartner*in fehlt. Dann ist es ratsam, sich an die Nummer gegen Kummer zu wenden. Der Verein, der Teil der Initiative „Gutes Aufwachsen mit Medien“ ist, berät Kinder, Jugendliche, Eltern und Erziehungsverantwortliche bei Sorgen sowie Problemen und bietet Rat, Hilfe und Unterstützung bei Fragen und in kritischen Situationen an. Wie die Beratungsarbeit der Nummer gegen Kummer aussieht hat uns Nina Pirk erzählt, die für den Verein als Fachberaterin für Kinderschutz im Internet arbeitet.

Die Beratungsarbeit der Nummer gegen Kummer

Die Nummer gegen Kummer bietet bundesweit drei Angebote an: Das Kinder- und Jugendtelefon und das Elterntelefon sowie die Online-Beratung per Mail oder Chat für Kinder und Jugendliche. Die Beratungsangebote sind bundesweit anonym und kostenlos erreichbar. Beraten werden Heranwachsende und Eltern sowie Erziehende zu allen Themen, Fragen und Sorgen. „Wir sind ein themenoffenes Angebot, mit einem offenen Ohr für alle Themen, die die Ratsuchenden beschäftigen“, erläutert Nina Pirk. „An die Nummer gegen Kummer kann man sich wenden, wenn man eine Frage hat, die einem vielleicht peinlich ist, aber auch bei einem schwerwiegenden Problem, über das man einfach nicht mit Menschen sprechen möchte, die man kennt“, ergänzt sie. Oft gibt es auch keine Person, an die sich Hilfesuchende wenden können. „Wir möchten Gesprächspartner sein - besonders dann, wenn andere fehlen“, betont Nina Pirk. Die ehrenamtlich engagierten Berater*innen sind speziell ausgebildet und nehmen regelmäßig an Supervisionen und Fortbildungen teil.

Beratungsansätze der Nummer gegen Kummer

Das wichtigste in einer Beratung ist es, als Gesprächspartner*in da zu sein und zuzuhören. „Gerade auch in Situationen, wenn Eltern oder Heranwachsende überfordert sind und sich daher an die Nummer gegen Kummer wenden, hat es eine wahnsinnig entlastende Wirkung, sich einfach aussprechen und in Ruhe mit jemanden über ein Thema sprechen zu können. Darüber reden hilft“, betont Nina Pirk. Ein bewährter Ansatz des Vereins ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Zunächst wird geschaut, wie es dem Hilfesuchenden geht, was ihn bewegt und beschäftigt. Im Gespräch mit Jüngeren kann es auch zuerst darum gehen, Orientierung zu verschaffen und gemeinsam herauszufinden, was genau das Problem ist. Im nächsten Schritt der Beratung wird gemeinsam besprochen, was die ratsuchende Person braucht und welche nächsten Schritte für sie selbst in der individuellen Situation hilfreich sein können. Braucht die Person zusätzliche Informationen? Braucht sie eine Empfehlung für eine weitere Anlaufstelle, um die passende Hilfe zu bekommen? „Ein großer Vorteil unseres bundesweiten Netzwerkes ist es, dass die Berater*innen in kleinen Teams überall in Deutschland sitzen und so auch mit den Hilfestrukturen vor Ort vertraut sind“, erzählt Nina Pirk.

Peer-to-Peer Beratungen

Die Nummer gegen Kummer führt seit 1994 Peer-to-Peer Beratungen durch. Das heißt, auch Jugendliche sitzen am Telefon und beraten Gleichaltrige bei Fragen und Problemen. Dieses Projekt „Jugendliche beraten Jugendliche“ wird immer samstags am Kinder- und Jugendtelefon angeboten. „Das wird sehr gut angenommen“, berichtet Nina Pirk und ergänzt, dass jugendliche Berater*innen durch ihr Engagement in der Beratung auch ihre Perspektiven auf Themen einbringen können.

Junge Menschen, die sich als ehrenamtliche Berater*in für die Nummer gegen Kummer engagieren möchten, durchlaufen eine Ausbildung mit anschließender Hospitationszeit. Jede*r im Alter von 16 bis 21 Jahren kann mitmachen. Voraussetzung ist das Interesse an einer Beratung, die Lust und Zeit, sich mit Themen von Ratsuchenden auseinanderzusetzen und die Fähigkeit zuzuhören. „Sind Jugendliche in der Beratung dann aktiv, gibt es auch immer noch einen Hintergrunddienst für schwierige Fälle. Denn gerade in der Arbeit mit minderjährigen Ehrenamtlichen ist es wichtig, dass immer eine*n Ansprechpartner*in erreichbar ist“, erläutert Nina Pirk.

Sorgen von Kindern und Jugendlichen

Ein Thema, dass Heranwachsende häufig ansprechen, wenn sie bei der Nummer gegen Kummer Hilfe und Rat bei Problemen im Internet suchen, ist (Cyber-)Mobbing. Auch Fragen und Sorgen rund um das Thema Beziehungen und Sexualität im Netz tauchen immer wieder in Beratungsgesprächen auf. „Das können zum Beispiel Freundschaften und Bekanntschaften im Netz, Sexting und sexuelle Belästigung sein“, verdeutlicht Nina Pirk. Auch wird oft angerufen, wenn beispielsweise ohne das Wissen der Eltern ein Dienst im Internet genutzt wurde oder Inhalte ins Netz gestellt wurden. Häufig zögern Heranwachsende dann, mit ihren Eltern darüber zu sprechen, da sie Angst vor möglichen Konsequenzen haben. „In all diesen Situationen merken wir oft, dass die Nummer gegen Kummer erster Ansprechpartner ist, auch gerade deshalb, weil wir jedes Gespräch vertraulich behandeln und die Beratung anonym erfolgt“, erläutert Nina Pirk.

Sorgen von Eltern

Viele Eltern machen sich um eine übermäßige Mediennutzung ihrer Kinder Sorgen und sprechen von Streitigkeiten hinsichtlich der Mediennutzung in der Familie. Auch Unsicherheiten in der Medienerziehung sind ein häufig angesprochenes Thema in Beratungsgesprächen. Damit verbunden sind Fragen nach kindgerechten Angeboten, einer guten Begleitung von Kindern und Jugendlichen im Netz und möglichen Risiken bei der Mediennutzung. „Grundsätzlich sehen wir, dass Themen auch oft zusammenhängen. Zum Beispiel kommt es vor, dass im Netz preisgegebene persönliche Daten zu Schwierigkeiten mit Mobbing oder auch sexueller Belästigung führen“, berichtet Nina Pirk.

Beratung beim Thema Cybermobbing

Heranachsende, die von Cybermobbing betroffen sind, wissen oft nicht, wie sie reagieren und an wen sie sich wenden können. Hilfe können sie bei der Nummer gegen Kummer erhalten. Nina Pirk rät erstmal zu schauen, wie die individuelle Situation der betroffenen Person ist, aufzufangen und in Ruhe zuzuhören. „Besonders wichtig in der Beratung ist es gemeinsam zu schauen, wen es aus dem persönlichen Umfeld gibt, mit dem Betroffene reden können. Das können unterschiedliche Menschen sein, wichtig ist, dass Ratsuchende ihnen vertrauen können."

Zudem sollte ein Raum geschaffen werden, in dem Gefühle geäußert werden können. Wichtig dabei ist, dass von Cybermobbing betroffene Heranwachsende wieder gestärkt werden in ihrem Selbstwertgefühl und wissen, dass sie nicht alleine sind. „Es geht erstmal darum, aus dem Loch rauszukommen, in dem man sich befindet“, sagt Nina Pirk und ergänzt „dann wird gemeinsam in der Beratung geschaut, welche Mittel und Wege es gibt, um sich von der Situation zu distanzieren und sich wieder gut zu fühlen. Das finde ich besonders wichtig: Es geht in unserer Beratung nicht darum, einfach Ratschläge zu erteilen, sondern vielmehr darum Ratsuchende individuell dabei zu unterstützen eine geeignete Lösung zu finden, um mit der je eigenen Situation umzugehen." Dabei ist es ratsam gemeinsam zu überlegen, wie weiter vorgegangen wird: Will sich die betroffene Person wehren? Oder geht erstmal darum herauszufinden, welchen Weg es gibt, um sich selbst wieder gut zu fühlen? Dazu zählt auch, sich zu überlegen, ob man das eigene Handy stumm schaltetet oder aus Gruppenchats austritt. „Entscheidend ist es, Heranwachsenden zuzuhören, sie zu bestärken und einen geschützten Raum zu schaffen, in dem sie auf Verständnis treffen“, erläutert Nina Pirk abschließend.

 

Weitere Informationen

  • Bei Stress im Netz, wie beispielsweise Mobbing und Belästigung, hilft jugend.support, ein Rat- und Hilfeangebot für Heranwachsende ab 12 Jahren, weiter.
  • Informationen für Eltern bei Fragen rund um das Thema Medienerziehung bietet Schau Hin. Hier können sich Eltern zum Beispiel auch zum Thema Cybermobbing informieren.
  • Informationen rund um das Thema Jugendliche lernen von Jugendlichen geben die Digitalen Helden, die jugendliche Schüler*innen zu Mentor*innen in der digitalen Welt ausbilden.

 

 

 

 

 

 

 


Bettina Goerdeler, Initiativbüro "Gutes Aufwachsen mit Medien"

Quelle: Nina Pirk ist Fachberaterin für Kinderschutz im Internet