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Von Klein bis Groß: Wie Heranwachsende kompetent mit Medien umgehen können

Zwei Menschen, die an einem Schreibtisch sitzen und auf einen Laptop schauen.

In Zeiten der Corona-Pandemie hat sich das Leben für die meisten noch stärker in den digitalen Raum verlagert. Wir sind viel zu Hause, arbeiten im Home-Office und treffen oder unterhalten uns virtuell mit Freunden. Auch für Kinder hat sich fundamental viel verändert: Home-Schooling hat die gewohnte Routine durcheinandergebracht und Familien stehen vor der großen Herausforderung den Corona geprägten virtuellen Alltag zu meistern. Wenn es um die Frage geht, welche digitalen Fähigkeiten Kinder haben sollten, fällt meist das Wort Medienkompetenz. Doch was genau ist damit eigentlich gemeint und wie können Eltern ihre Kinder bei der Entwicklung von Medienkompetenz pädagogisch sinnvoll begleiten?

Medienkompetenz - Was ist das eigentlich?

Medienkompetenz umfasst spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten, die es ermöglichen, Medien zu nutzen und kritisch mit ihnen umzugehen und entwickelt sich auch noch im Erwachsenenalter fort.

Medienkompetenz lässt sich in folgende Kompetenzbereiche einteilen:

  • Medienkunde: Das Wissen über aktuelle Mediensysteme und die Fähigkeit auch neue Geräte zu bedienen.
  • Medienkritik: Die Fähigkeit, problematische gesellschaftliche Prozesse und Entwicklungen zu erkennen sowie die Fähigkeit das eigene Mediennutzungsverhalten zu analysieren.
  • Mediennutzung: Die Fähigkeit zum rezeptiven (Programm-Nutzungskompetenz) und gleichzeitig interaktiven, Umgang mit Medien (z. B. kein suchtartiger Gebrauch).
  • Mediengestaltung: Die Fähigkeit zur Erstellung eigener Medieninhalte, über alltägliche Kommunikationsroutinen hinausgehend (z. B. Erstellen eines Wikipedia-Eintrags).

Wie können Eltern ihre Kinder dabei unterstützen, souverän und sicher mit digitalen Medien umzugehen?

Die Entwicklung von Medienkompetenz muss bei jüngeren Kindern natürlich anders begleitet werden als bei Jugendlichen. Bei Kindern im Kindergartenalter geht es noch nicht darum die Medienkompetenz umfassend zu entwickeln, sondern um das Sammeln erster Erfahrungen mit digitalen Medien. Das pädagogische Ziel besteht hier in einem positiven und produktiven Umgang mit digitalen Medien und einem ergänzenden Einsatz sowie der Vermeidung möglicher negativer Folgen, wie z. B. die Konfrontation mit unpassender Werbung oder gewaltverherrlichenden Darstellungen.

Erste Erfahrungen mit digitalen Medien lassen sich z. B. durch(Lern-)Spiele sammeln. Hier sollte darauf geachtet werden, dass Eltern und Erziehende Kindern neue Lernerfahrungen bieten und an individuellen Voraussetzungen und Interessen anknüpfen. Zudem sollten Kinder hier nicht alleine gelassen, sondern von einem Elternteil begleitet und unterstützt werden.

Eine weitere pädagogisch wertvolle Möglichkeit für den Einsatz digitaler Medien bieten Vorlese-Apps. Diese können ergänzend zu den klassischen Bilderbüchern eingesetzt werden und laden in einer besonderen Weise zum dialogischen Vorlesen ein. Zudem ermöglichen sie eine schnelle und kostengünstige oder gar kostenfreie Abwechslung und stärken gleichzeitig die sprachliche Entwicklung des Kindes.

Auch durch das gemeinsame Recherchieren zu aufkommenden Fragen und Themen kann ein produktiver erster Umgang mit digitalen Medien geübt werden. Hat das Kind Fragen zu Themen, die ad hoc nicht beantwortet werden können, hält das Internet höchstwahrscheinlich die Antwort bereit und das Kind erfährt, das Wissensaneignung mithilfe des Internets funktionieren kann. Auch die Tätigkeiten des Alltags können mithilfe digitaler Medien bereichert werden, indem gemeinsam nach einem Rezept für den nächsten Kuchen oder auch nach Bastelideen gesucht wird.

Ab dem Grundschulalter kann das Informieren und Recherchieren intensiver vermittelt werden. Hier geht es dann darum, Suchstrategien zu vermitteln und Inhalte zu organisieren und zu bewerten. Sobald ein Kind eine ausreichende Lesefähigkeit besitzt, kann ihm gezeigt werden, wie und wo nach verlässlichen Informationen gesucht werden kann. Zur ersten Anbahnung bieten sich Kindersuchmaschinen wie blinde-kuh.de oder spezielle Kinderseiten wie seitenstark.de an. Voraussetzung für einen kompetenten und sicheren Umgang im Netz ist auch hier zunächst die Unterstützung und Begleitung durch die Eltern, bis das Kind einen sicheren Umgang mit diesen Seiten erlernt hat.

Sobald Kinder regelmäßig mit digitalen Medien umgehen, sollten Eltern angemessene Umgangsregeln thematisieren und einführen. Dazu zählen zum Beispiel Nutzungszeiten für das Smartphone und andere digitale Geräte und eine Netiquette für einen guten Umgang in Messenger-Diensten und in Sozialen Netzwerken. Die Umgangsregeln sollten gemeinsam mit den Kindern erarbeitet und schriftlich festgehalten werden, so kann immer wieder Bezug auf sie genommen werden. Wichtig ist außerdem, dass sich auch die Eltern an die vereinbarten Regeln halten, damit diese nicht an Glaubwürdigkeit und Verbindlichkeit verlieren. Das Internet-ABC hat eine solche Regelsammlung zusammengestellt und auch der Mediennutzungsvertrag kann dabei helfen, Umgangsregeln einzuführen.

Ab dem Grundschulalter können Kinder den produzierenden Umgangmit Medien weiter ausbauen und so Selbstwirksamkeit im digitalen Raum erfahren. Hier bieten sich Stop-Motion-Apps wie der „LEGO® Movie Maker“ oder „Easy Stop Motion Studio“ an, durch die Kinder spielerisch zu Produzenten werden können. Auch durch das Fotografieren und Erstellen von Fotobüchern oder Ähnlichem können Kinder Medien als Gestaltungs- und Ausdrucksmittel kennenlernen und so nebenbei ein schönes Erinnerungsstück für die ganze Familie produzieren.

Kinder im Grundschulalter können bereits verstehen, wie verschiedenen technische Endgeräte funktionieren und wie diese kompetent bedient werden können. Um Kindern die Funktionsweise von Computerprogrammen und Programmcodes näherzubringen, eignet sich beispielsweise die App "Clever Programmieren", welche ergänzend zum Buch "Einfach Programmieren für Kinder" eingesetzt werden kann.

Inhalte werden von Kindern nun allmählich verstanden und Wissen über Risiken und Schutzmaßnahmen können vermittelt werden. Ein analysierender und reflektierender Umgang mit digitalen Medien sollte auch durch das Vorbildverhalten der Eltern vermittelt werden, indem der eigene Umgang mit Medien bewusst reflektiert und vorgelebt wird. Eltern können gemeinsam mit ihren Kindern über Risiken, wie Kostenfallen oder Falschnachrichten sprechen. Zudem ist es empfehlenswert, regelmäßig mit dem Kind über seine Erfahrungen im Internet zu reden und diese gemeinsam zu reflektieren. Das gemeinschaftliche Surfen bietet sich für die Reflexion und Analyse von Medien(-inhalten) ganz besonders an. Das interaktive Plakat „Clever mit Apps - der Sicherheits-Check mit Hacki und Robo“ enthält die wichtigsten Hinweise zum Umgang mit Apps, etwa zum Schutz der Privatsphäre. Ergänzend kann hier ein passendes Online-Quiz zum Einsatz kommen, welches Eltern mit ihren Kindern spielen können. So können Eltern ihre Kinder spielerisch und mit Spaß an einen reflexiven Umgang mit Medien heranführen. Die mobilen Endgeräte von Kindern sollten außerdem kindgerecht eingerichtet werden. Eine übersichtliche Orientierung bietet beispielsweise klick-tipps.net. Auch in diesen Prozess sollte das Kind miteingebunden werden.

Ab dem Ende der Grundschulzeit und im Jugend- und Erwachsenenalter wird die Medienkompetenz schließlich immer weiter ausdifferenziert und es sollten sich folgende Fähigkeiten entwickeln:

  • medienbezogene Kritikfähigkeit (die Fähigkeit, selbst eine eigenständige und begründete Position gegenüber einem Medium einnehmen, z. B. die politische Position eines Autors kennen),
  • Partizipationsmuster kennen und auswählen, insbesondere in interaktiven sozialen Medien (z. B. Wikipedia-Einträge erstellen oder sich auf Social-Media für Themen einsetzten, die einem persönlich wichtig sind und/oder einen Mehrwert für andere darstellen),
  • die Nützlichkeit medialer Informationeinschätzen können und die dahinterliegenden Motive erkennen (z. B. Werbung, politisch motivierte Botschaften),
  • das Wissen um möglicheRisiken der Mediennutzung (z. B. Cybermobbing, Cybergrooming, Falschnachrichten, Hassrede),
  • die Motivation, über medial dargebotene Information hinauszugehen und dadurch die eigene Urteilsfähigkeit über sie zu erweitern (Informationen kontextualisieren und die Quellen bewerten und einordnen können).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sara Awischus, Initiativbüro

Quelle: Aktionsrat Bildung (2018): Digitale Souveränität und Bildung - Gutachten