Demokratiebildung

Mit jungen Menschen im Dialog: Wie Demokratie- und Medienbildung gelingen können

Junge Menschen, die nebeneinander sitzen und stehen und miteinander im Gespräch sinf.

Demokratie ist nicht selbstverständlich – sie lebt von der aktiven Mitgestaltung und Teilhabe aller. Insbesondere junge Menschen spielen eine zentrale Rolle für die Zukunft unserer demokratischen Gesellschaft. Doch wie können sie an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben und sich aktiv einbringen? Pädagogische Fachkräfte nehmen hier eine Schlüsselrolle ein: Sie begleiten junge Menschen in ihrer Entwicklung und können sie befähigen, Demokratie- und Medienkompetenz zu entwickeln und dadurch an der Gesellschaft teilzuhaben.

„Eine wichtige Voraussetzung, um demokratische Bildungsarbeit durchzuführen, ist einen Bezug zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen herzustellen. Das bedeutet zu schauen, was junge Menschen beschäftigt, wofür sie sich interessieren und welche Erfahrungen sie machen. Oft findet Demokratie auch schon im Kleinen und im Alltag statt, ohne das junge Menschen dies bewusst wahrnehmen. Das kann zum Beispiel der Austausch verschiedener Meinungen sein, ob in der Jugendeinrichtung, im Klassenzimmer oder mit Freund*innen in Sozialen Netzwerken“, schildert Kai Dietrich. Er ist Projektkoordinator im Arbeitsbereich MUT zur demokratischen Bildung in der Jugendarbeit bei der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e. V. (AGJF). Er ergänzt: „Genau dort können pädagogische Fachkräfte ansetzen und so mit jungen Menschen in den Austausch kommen über gesellschaftliche Vorstellungen, Formen der Beteiligung und der Gestaltung eines demokratischen Miteinanders.“ 

Handlungsleitende Werte in der politischen Bildungsarbeit

Für Kai Dietrich stehen Freiheit, Gleichheit und Solidarität – alles Werte die auch in der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte verankert sind – im Fokus der politischen Bildungsarbeit. „Was bedeuten diese Werte für mich als Mensch, der Bildung vermittelt? Was heißt das bezogen auf das gesellschaftliche Zusammenleben? Wie kann ein solidarisches Miteinander aussehen, das unterschiedliche Lebensentwürfe zulässt? Was braucht es für Veränderungen? Diese Fragen gilt es zu reflektieren, wenn es um handlungsleitende Prinzipien in der Demokratie- und Medienbildung geht. Bildung ist für mich dabei etwas, was nicht einfach belehrend ist, sondern etwas, was wir als Gesellschaft nur miteinander gestalten können und was wir aushandeln.“

Grundsätze in der politischen Bildungsarbeit

Grundsätzlich ist es in der politischen Bildungsarbeit wichtig, sich an den Grundlagen im Bereich der politischen Bildung zu orientieren. Dazu gehören insbesondere die Frankfurter Erklärung, sowie der Beutelsbacher Konsens mit seinen Grundsätzen des Überwältigungsverbots und des Kontroversitätsgebots. Das Überwältigungsverbot besagt, dass Lehrende Schüler*innen ihre Meinung nicht aufzwingen dürfen und betont, dass Schüler*innen die Möglichkeit haben müssen, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Das Kontroversitätsgebot schließt an das Überwältigungsverbot an und besagt, dass ein Thema differenziert und kontrovers beleuchtet werden muss.

Was Demokratie- und Medienbildung leisten müssen

Sichtbar, vor Ort und einprägsam sein. All dies sollte nach Ansicht von Kai Dietrich Demokratie- und auch Medienbildung leisten. „Projekte und Ansätze, die im Bereich der demokratischen und medienpädagogischen Bildung ansetzen, müssen vor Ort sein, um nachhaltig zu wirken. Gleichzeitig müssen Demokratie- und Medienbildung junge Menschen durch eine zielgruppengerechte Ansprache mitnehmen. Insofern sollten Projekte hier ausloten, mit welchen Schlüsselmomenten, Bildern und Sequenzen sie arbeiten, um Jugendliche zu erreichen. Das geht nicht ohne den Dialog mit ihnen zu Vorstellungen und Bedürfnissen. Daher rate ich junge Menschen von Anfang an miteinzubeziehen und Formate auch gemeinsam mit ihnen zu entwickeln.“

Auf die eigene Haltung kommt es an

In der Arbeit mit jungen Menschen ist die Auseinandersetzung mit persönlichen Vorstellungen, Werten und Perspektiven zudem sehr wichtig. Dazu zählt als pädagogische Fachkraft Reflexionsprozesse zuzulassen und sich über die eigene professionelle Rolle in der Funktion als Demokratiebilder*in klar zu werden. „Insbesondere der Austausch mit Kolleg*innen aus dem Team und aus dem Arbeitsumfeld sind entscheidend, um Qualitätsstandards zu setzen und die eigene Handlungsfähigkeit zu stärken“, erläutert Kai Dietrich. Er fügt hinzu: „Vor dem Hintergrund eines vermeintlichen Neutralitätsgebots, welches insbesondere von rechten Akteur*innen instrumentalisiert wird, um Fachkräfte und Institutionen aus der Kinder- und Jugendarbeit zu verunsichern und unter Druck zu setzen, hat die AGJF mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Offener Kinder- und Jugendarbeit e. V. eine Handreichung veröffentlicht. Darin zeigen wir auf, wie pädagogische Fachkräfte und Träger*innen der Jugendhilfe auf Neutralitätsanforderungen reagieren und eine demokratisch positionierte Kinder- und Jugendarbeit voranbringen können.“ 

Herausforderungen meistern

„Vor dem Hintergrund eines vermeintlichen Neutralitätsgebots nehme ich politische Interventionen - wie zum Beispiel die Drohung Mittel zu streichen, die In-Frage-Stellung pädagogischer Konzepte durch politischen Akteur*innen zu rechtfertigen und sogar Übergriffe auf Einrichtungen - wahr“, so Kai Dietrich. Er fügt hinzu: „Hier ist es wichtig, dass sich Träger*innen auf lokaler und kommunaler Eben mit den Angegriffenen in solidarischen Bündnissen zusammenschließen und sich klar für eine emanzipatorische Demokratiebildung positionieren.“

Im ländlichen Raum kann es zudem schwierig sein, Räume für Kinder- und Jugendarbeit zu etablieren, weil zum Teil bestimmte Strukturen weniger ausgeprägt sind als im städtischen Raum. „Um junge Menschen zu erreichen, braucht es daher niedrigschwellige, flexiblere Formate, zum Beispiel digitale Quiz oder Ähnliches, die dann für Straßenumfragen oder auf Veranstaltungen in einem Ort genutzt werden können“, sagt Kai Dietrich. 

Mehr Informationen:

  • Wie Demokratiebildung mit medienpädagogischen Ansätzen verbunden werden kann, zeigt der Leitfaden Medien- und Demokratiebildung vom lmb. Er richtet sich an pädagogische Fachkräfte.
  • Über politische Medienbildung spricht Cemile Giousouf (Vize-Chefin der Bundeszentrale für politische Bildung) im Podcast Raw and Uncut der GMK.
  • Wie wichtig Medienkompetenz für die Beteiligung in einer demokratischen Gesellschaft ist, zeigen wir auch in unserer Kampagne Demokratie braucht Medienkompetenz auf.