• Hintergrund

Cybergrooming, die virtuelle Anmachtaktik - hinschauen, helfen und schützen

Kind vor Laptop vergräbt Gesicht in den Händen

Neue Leute über das Internet kennen zu lernen, gehört unweigerlich zum Lebensalltag vieler Kinder und Jugendlichen dazu. Doch was, wenn der neue Kontakt, der anfangs so nett wirkte, plötzlich aufdringlich wird, freizügige Bilder von einem will und anzügliche Kommentare macht? Dann lässt sich in der Regel von Cybergrooming sprechen. Der englische Begriff „Cybergrooming“ steht für die sexuelle Kontaktanbahnung im Netz. Kinder und Jugendliche werden gezielt sexuell über das Internet belästigt. In der KIM-Studie (Kinder und Medien) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest aus dem Jahr 2018 gaben sieben Prozent der Kinder an, bereits Erfahrungen mit unangenehmen Bekanntschaften im Internet gemacht zu haben.

Cybergrooming erfolgt meist nach dem selben Muster

Anfangs nehmen Täter*innen scheinbar zufällig Kontakt mit dem Opfer auf. Dies geschieht typischerweise über eine Freundschaftsanfrage in Sozialen Netzwerken, wie Facebook, Instagram oder TikTok. Auch sprechen Täter*innen Kinder über Messenger-Dienste wie WhatsApp an oder nehmen in Chats von Onlinespielen Kontakt zu ihnen auf. Personen, die Heranwachsende über das Internet sexuell belästigen, gewinnen das Vertrauen eines Kindes, indem sie sich für gewöhnlich überaus interessiert zeigen, viele Komplimente machen, gemeinsame Hobbies vortäuschen, sich einer betont lässigen Jugendsprache bedienen und sich als mitfühlende Zuhörer*innen ausgeben. Nachdem eine Vertrauensbasis aufgebaut wurde, fangen in der Regel unangebrachte Anmachen oder Aufforderungen zu sexuellen Handlungen an: Kinder werden aufgefordert die Webcam einzuschalten und sich davor zu präsentieren. Auch fordern Täter*innen Heranwachsende auf, freizügige Bilder zu senden. Besonders gefährlich wird es, wenn sich Täter*in und Kind außerhalb der virtuellen Welt zu einem Treffen verabreden.

Cybergrooming als Straftatbestand

Beim Cybergrooming lässt sich häufig beobachten, dass es einen deutlichen Altersunterscheid zwischen Täter*in und dem Opfer gibt. Um diesen zu vertuschen wird die Anonymität des Internets ausgenutzt und eine falsche Identität angenommen. Es werden entweder Ausreden gesucht, wieso die eigene Webcam nicht eingeschaltet werden kann oder geklaute Fotos als Profilbild verwendet. So denken Kinder oft, die Person, mit der sie chatten, sei in ihrem Alter. Wenn auch der statistisch-durchschnittliche „Cybergrommer“ männlich und erwachsen ist, so kann sexuelle Belästigung im Netz auch von Jugendlichen oder Gleichaltrigen ausgehen, da die unkomplizierte und anonyme Möglichkeit im Internet Kontakt aufzunehmen, schnell zu Grenzverletzungen führen kann. Seit 2020 ist auch alleine der Versuch des gezielten Ansprechens von Kindern im Internet mit dem Ziel der Anbahnung sexueller Kontakte in Deutschland nach dem Strafgesetzbuch strafbar.

Wie können Eltern und pädagogische Fachkräfte helfen, Heranwachsende vor Cybergrooming zu schützen?

Am besten können Eltern und pädagogische Fachkräfte helfen, indem Sie präventiv aufklären und mit den Kindern und Jugendlichen über die mögliche Gefahr des Cybergroomings im Internet reden. Wichtig ist es, zu verdeutlichen, dass unbekannte Freundschaftsangebote in Sozialen Netzwerken oder über einen Instant Messenger erst gar nicht angenommen werden sollten. Zudem sollten Profilseiten in Sozialen Netzwerken in den privaten Modus eingestellt und die Ortungsfunktion deaktiviert werden, um das Risiko unerwünschter Kontaktaufnahme zu reduzieren. Auch ist es ratsam, dass Sie sich als Eltern oder Pädagog*in gemeinsam mit den Kindern informieren, wie ungeeignete Inhalte und unbekannte Personen blockiert oder beim Anbieter sozialer Plattformen gemeldet werden können. Außerdem sollte darauf geachtet werden, die Webcam auszuschalten oder abzukleben, wenn sie nicht benötigt wird. klicksafe gibt hierzu weitere ausführliche Tipps. Eine gute Orientierung für Eltern und pädagogische Fachkräfte bietet auch die Broschüre "Familie - digital - stark - Kinderrechte im Netz" von jugendschutz.net.

Generell sollte die Identität eines unbekannten Gegenübers im World Wide Web immer kritisch hinterfragt werden, denn nicht jede*r ist im Internet die Person, die sie vorgibt zu sein. Wichtig für erwachsene Bezugspersonen ist es daher, einen Überblick zu behalten, welche Internetseiten Heranwachsende nutzen und wo sie im Internet unterwegs sind. Dazu zählt zu schauen, ob die Webseiten altersgerecht sind und mit wem Kinder und Jugendliche online Kontakt haben. Schaffen Sie als Eltern und Pädagog*in daher eine vertrauensvolle Beziehung und einen offenen Austausch mit Kindern und Jugendlichen. Auch hilft es, Vereinbarungen zu treffen, die festlegen, mit welchen Personen Ihr Kind im Internet in Kontakt treten darf. Sollten Sie von Belästigungen erfahren, sprechen Sie behutsam und ruhig über den Hergang und sichern Sie mögliche Beweise, am besten per Screenshot. Scheuen Sie sich nicht, weitere Maßnahmen zu ergreifen, wie beispielsweise die Polizei einzubeziehen.

Mehr Informationen:

  • SCHAU HIN! gibt Tipps, wie Eltern ihre Kinder vor Cybergrooming schützen können.
  • Die Nummer gegen Kummer hilft Eltern, Pädagog*innen und Heranwachsenden weiter bei Sorgen und Problemen im Netz und gibt auch Ratschäge und leistet Hilfe bei sexueller Belästigung im Netz.
  • Jugendgefährdende und entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte können bei jugendschutz.net, dem gemeinsamen Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet, gemeldet werden.

 

 

 

 

 

 


Tanja Klein, Initiativbüro