• Interview

„Mit Spielen spielen“ - Games erlebbar und erfahrbar machen

Junge Menschen, die mit einem Makey Makey kreativ sind.

Ob zu Hause, in der Schule oder im Park: Menschen spielen gerne. Digitale Spiele sind bei Kindern, Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen beliebt: Sie tauchen in aufregende Welten ein und schlüpfen in virtuelle Rollen. Wie können digitale Spiele phantasievoll und kreativ genutzt werden? Wie können sie neu gedacht werden? Darüber sprachen wir mit Christiane Schwinge, Medienpädagogin und Gründungsmitglied der Initiative Creative Gaming.

Die Initiative Creative Gaming

Die Initiative Creative Gaming gibt es seit 2007. „Unter Creative Gaming verstehen wir: Mit Spielen spielen“, erläutert Christiane Schwinge. Grundsätzlich geht es darum, Regeln zu brechen, Spiele neu zu denken und anders zu nutzen, als ursprünglich vorgesehen sowie Spiele als Werkzeug einzusetzen. Wie können Spiele zum Beispiel noch gesteuert werden, als nur mit Maus und Tastatur? Wie sieht die Entwicklung eines eigenen Spiels aus? Wie kann Digitales analog werden? „Diese Fragen greifen wir in unseren Workshops auf, die wir für Kinder und Jugendliche ab 11 Jahren anbieten. Sie programmieren, entwickeln ein eigenes Spiel oder produzieren mit einem Computerspiel einen eigenen Film, einen sogenannten 'Machinima'.“ Wenn Digitales analog wird, wird zunächst geschaut, was zu einem bestimmten Spiel dazugehört und welche grundlegenden Spiel- und Gewinnprinzipien es gibt. Das wird als Grundlage genutzt, um dann ein neues Spielkonzept mit eigenen Regeln zu entwickeln, das an das ursprüngliche Spielkonzept angelehnt ist. „Wir haben zum Beispiel das Handyspiel 'Snake' neu gedacht und daraus ein sogenanntes Streetgame gemacht - also ein Spiel, das draußen gespielt werden kann“, erzählt Christiane Schwinge.

Zudem bietet die Initiative Creative Gaming Workshops auch für Erwachsene - darunter Multiplikator*innen des außerschulischen Bereichs, Lehrkräfte und Fachkräfte aus Bibliotheken - als Fortbildung an. Die Teilnehmenden lernen und erfahren, wie (digitale) Spiele kreativ in der medienpädagogischen Praxis eingesetzt und erfahrbar gemacht werden können.

Auch führt die Initiative Creative Gaming Veranstaltungen durch, bietet Vorträge mit Praxisbeispielen aus der eigenen Arbeit an, stellt in Museen aus und veranstaltet das PLAY - Creative Gaming Festival.

PLAY - Creative Gaming Festival

Das PLAY - Creative Gaming Festival findet einmal im Jahr in Hamburg statt. „Dort kommen Spieleliebhaber*innen, Gamer*innen, Spieleentwickler*innen, Medienkünstler*innen, Schüler*innen, Lehrkräfte, Pädagog*innen und Interessierte zusammen, die sich mit unterschiedlichen Aspekten von Spielen beschäftigen“, erzählt Christiane Schwinge. „Im Mittelpunkt des Festivals steht die kreative Anwendung von digitalen Spielen. Es lädt in Workshops, Gesprächsrunden und Bühnenprogramm dazu ein zu basteln, zu präsentieren, zu programmieren, zu erfinden, zu diskutieren und zu erzählen.“ Auch gibt es eine große Ausstellung mit besonderen Spielen und Installationen: „Beim PLAY17 hatten wir zum Beispiel in unserer Ausstellung ein Spiel, das mit einem Streichholz gesteuert wurde“.

Zudem werden auf dem Festival die „Creative Gaming Awards“ verliehen, eine Auszeichnung für kreative Medienproduktionen. Der Preis wird in zwei Kategorien vergeben: Der „Most Creative Game Award“ zeichnet das kreativste Projekt aus, der „Most Innovative Newcomer“ die beste Nachwuchsproduktion. Bewerben können sich Spieleentwickler*innen aus ganz Europa.

Potenziale digitaler Spiele

„Spiele machen Spaß. Sie sind ein lustvoller Zeitvertreib“, sagt Christiane Schwinge. Durch das vielfältige Angebot an digitalen Spielen, findet jeder Mensch ein Spiel, das er besonders mag. Games bieten unterschiedliche Möglichkeiten und Potenziale. Spieler*innen lernen Spielabläufe kennen, bekommen Feedback für ihr Handeln und können sich im Spielverlauf weiterentwickeln: Christiane Schwinge stellt fest, dass vor allem die Weiterentwicklung im Game sichtbar ist und oft ein Gefühl von Selbstwirksamkeit bei Spieler*innen auslöst, da sie im Spiel etwas bewirken können und damit Erfolg haben. Zudem macht es vielen Heranwachsenden Spaß, sich mit anderen Spieler*innen zu vernetzen, gemeinsam zu spielen, sich in Online-Chats auszutauschen und zusammen Fähigkeiten auszubauen. Ein anderer wichtiger Aspekt ist das „Flow-Erlebnis“ in digitalen Spielen: Dann wird die Zeit und sich selbst vergessen, man ist vollkommen in die virtuelle Welt vertieft. „Sind Spiele gut gemacht, schaffen sie eine Balance zwischen Unter- und Überforderung. Fehlt diese Balance in einem Spiel, sind Spiele meistens nicht mehr attraktiv und werden als langweilig empfunden, weil sie entweder zu leicht sind oder zu schwer“, erläutert Christiane Schwinge.

Tipps für Eltern und pädagogische Fachkräfte

Um Kinder und Jugendliche bei der Nutzung von Games gut zu begleiten, ist es wichtig, dass sich Eltern und pädagogische Fachkräfte dafür interessieren, was Heranwachsende spielen. Gut ist es, sich selbst mit den Spielen der Kinder zu beschäftigen und gemeinsam Spiele auszuprobieren und sich zudem auch schon über Spieletitel zu informieren, bevor sie angeschafft werden. Zudem ist es ratsam, mit Kindern und Jugendlichen über die Spielerlebnisse zu sprechen, sich auszutauschen und Regeln zu vereinbaren.

In der medienpädagogischen Arbeit ist es sinnvoll, an das Wissen und die Fähigkeiten anzuknüpfen, die Kinder und Jugendliche bereits mitbringen. „Oft wird klar, dass schon ein großes Wissen über digitale Spiele vorhanden ist, aber selten darüber gesprochen und reflektiert wird“, betont Christiane Schwinge. „Das wertzuschätzen finde ich persönlich sehr wichtig. Es geht uns in unseren Workshops insbesondere darum, ein Spiel als Medium zu verstehen, das unterschiedlich einsetzbar, erlebbar und erfahrbar ist.“

Für die praktische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zum Thema Games gibt es viele Materialien und Methoden, unter anderem lassen sich diese als Open Educational Resources (OER), freie Lern- und Lehrmaterialien mit einer offenen Lizenz, finden. Christiane Schwinge empfiehlt pädagogischen Fachkräften und Interessierten die von der Initiative Creative Gaming zur Verfügung gestellten OER auf der Plattform „Medienkompetent mit digitalen Spielen“. Dort gibt es Methoden, praktische Beispiele und Arbeitsmaterial zum kreativen Umgang mit Games für die medienpädagogische Arbeit. Auch das mittlerweile abgeschlossene Projekt „Demokratielabore“ bietet Materialien für die Durchführung von Workshops zum Thema Games an. Geht es speziell um das Thema Programmieren eignen sich beispielsweise Tools wie „Scratch“, ein kostenloses Programmierprogramm für Kinder und Jugendliche, mit dem Spiele und Animationen entwickelt werden können und zu dem es eine breite Community aus dem Bildungsbereich gibt.

 

Mehr Informationen

  • Wie umgehen mit digitalen Spielen im Familienalltag? Tipps finden Eltern in diesem Infoflyer von klicksafe.
  • Einen guten Überblick über aktuelle und medienpädagogisch bewertete Spiele bietet die Broschüre „Digitale Spiele - pädagogisch beurteilt“ des Spieleratgebers NRW und der Stadt Köln.
  • Die „Game Life!“-Broschüren des Instituts für Medienpädagogik in Forschung und Praxis JFF bieten Eltern eine Orientierung, wenn es um Fragen möglicher Risiken und Herausforderungen im Umgang mit digitalen Spielen geht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Bettina Goerdeler, Initiativbüro

Quelle: Christiane Schwinge, Medienpädagogin und Gründungsmitglied der Initiative Creative Gaming